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Ein instabiler Industriebetrieb

Mittlerweile kennt man es schon. Man kennt es, weil man es schon so oft von der Schwerindustrie gehört und gelesen hat, egal ob Chemieunfall, Abgasbetrug, Finanzsteuerraub.

Man kennt es auch, weil man es immer öfter hört und liest. Das nachgelieferte Geheule eines, der Profitgier unterworfenem Unternehmens des zerstörenden Industriekonzernsystems.

 

Diesmal also eine Meldung der "LFD-Holding", dem ausführenden Schweineorgan der imaginären "Terra Grundwerte Aktiengesellschaft" mit "Sitz", (noch nicht mal ein Briefkasten, sondern nur eine Wiese) in der Schweiz.

Die LFD schreibt, nein besser: muss schreiben, da der Druck durch Öffentlichkeit, Politik und Medien auf das Unternehmen steigt. Anlass ist der Megastallbrand vom 30.3.21. Die Fabrik, gedanklich und ausführend entsprungen dem größenwahnsinnigen Schweinebaron Straathof im Jahr 2006, der nur gerichtlich in Deutschland vor Jahren gestoppt werden konnte, dann von der LFD übernommen wurde, ging morgens lichterloh in Flammen auf, verbrannte innerhalb weniger Stunden knapp 60.000 Schweine, davon ca. 50.000 frisch geborene Ferkel zu einem ekelhaften Berg aus Fleisch, Kunststoff, Tierscheisse und allem, was sonst noch zur Massentierhaltung auf engstem Raum gehört. Die Rauchsäule war gigantisch und zog über 60km weiter gen Ostsee.

Bis heute (Stand September) wird das Fabrikgelände von morgens bis abends, hastig mit Getöse und hohem Aufwand "zurückgebaut", also verschrottet. Man möchte es gerne ungeschehen machen und eigentlich kann man sich bei sowas auch auf die Politik der CDU Gemeinde Alt Tellin, die Kreistagspolitik und den Landwirtschaftsminister Backhaus verlassen, doch diesmal war es zuviel. Der Kipppunkt der Massentierhaltung wurde in Alt Tellin überschritten - man spricht vom Fukushima der Agrarindustrie in Deutschland.

 

Dass ein Schnitzel viel mehr beinhaltet, als die antiquierte Vorstellung eines schönen Bauernhofes, weiß mittlerweile eigentlich jede und jeder. Längst ist bekannt, dass das industrielle Schwein von heute nichts mehr mit dem Schwein zu tun hat, dass mal Bestandteil eines Bauernhofes mit vielen verschieden Tieren war. Das Schwein von heute ist, dass muss man leider sagen, ein von Verrückten kreiertes Industriewesen, ein Mutant aus Kraftfutter, Chemiekalien und Medikamenten, hochgezüchtet zur maximalen Fleischausbeutung, gehalten unter traurigen Bedingungen als Monokultur. Ein Schwein industrieller Tierhaltung sieht nie Tageslicht, sieht nie Natur und sieht nie andere Tierarten. Es sieht 24/7 schlecht bezahlte Mitarbeiter*innen, vorwiegend aus Osteuropa, weil die sich besser ausbeuten lassen als deutsche Mitarbeiter*innen, in billigen Arbeitsklamotten mit Gummistiefeln und es bewegt sich auf Spaltböden mit Ausscheidungsversickerung als Brennstoff für die Biogasanlage, in Gruppenzwingern oder während des Stillvorgangs der Ferkel als eingepresste Sau im Kastenstand.

Lange konnte und kann die Tierindustrie, politisch legitimiert, fern ab der Großstadt so der Bevölkerung Lebensmittel verkaufen: Nach vorne hui, doch hinten pfui! Vorne wirbt man mit "Tierwohl" und "artgerechter Haltung", belobhudelt sich seitens Bauernverband, Politik und Agrarindustrat hin und her, läßt bunte Verpackungen für den Lebensmittelhandel erstellen, beschäftigt ohnehin Marketingabteilungen und PR-Agenturen bis zum Anschlag, nur um nach vorne etwas zu verkaufen, was einen perversen Weg hinter sich hat und bereits im Ursprung ein Verbrechen ist. Nebenbei überdüngt man die Äcker mit viel zu viel Gülle, schafft neue Probleme mit monokulturell angebauten Pflanzen, die tonnenweise Gifte brauchen und fährt dieses Unterfangen ebenfalls Tag & Nacht zum Leidwesen der Landbewohner mit Krach und Flutlicht.

Trotz eilig aufgestellter Sichtschutzzäune der LFD-Holding, liess sich die Realität der zu grauem Fleischmatsch verbrannten Schweine nicht verbergen.

Nun schreibt also die LFD am 28.8., fünf Monate nach dem Inferno, dass sie erstmal der Feuerwehr danke, da die Biogasanlage gerettet wurde, was soviel heißt wie: Scheiss auf die Schweine, Hauptsache das Stromkraftwerk wurde nicht beschädigt. Hierzu kann ich als Beobachter vor Ort sagen, dass die freiwillige (!) und nicht etwa eine vorhandene WERKS-FEUERWEHR überhaupt keine Chance hatte, das Feuer in den 18 Ställen der Tierfabrik zu löschen. Die Feuerwehr gab ein Bild ab, dass in etwa der Dimension entsprach, als wolle man mit einem Gartenschlauch einen Vulkan auspinkeln. Nach relativ kurzer Einsicht, zog sich die Feuerwehr dann auch zurück, wohl in dem Vorhaben des kontrollierten Abbrennenlassens, mit Fokus auf die Biogasanlage, die, wäre sie explodiert, vermutlich sehr großen Schaden im Umkreis angerichtet hätte. -> VIDEO der "einpackenden" Feuerwehr

Die "besondere Dankaussprechung" seitens Schweineunternehmen , aber auch seitens der Politik ist ein Hohn, wenn man bedenkt, wieviel Geld ein Feuerwehrmann und eine Feuerwehrfrau der freiwilligen Feuerwehr für einen Einsatz bekommt - der Betrag ist der Erwähnung nicht wehrt. Es erinert ans Klatschen, wie bei den Pflegekräften.

Dann schreibt die LFD, dass das Gelände dann beräumt worden sei, was schlicht gelogen ist, denn wie bereits erwähnt, wird es bis heute noch täglich unter massivem Einsatz von Energie und Maschinen, seit fünf Monaten beräumt (Stand September).

Wie "eng" dabei die "Abstimmung mit dem StaLU (Staatliches Amt für Landwirtschaft und Umwelt Mecklenburgische Seenplatte) in Wirklichkeit ist, mag man sich als kenntnisreicher Mensch vor Ort, bezüglich der Verpflechtungen von Behörden und Betreiber kaum ausmalen.  Schliesslich ist das StaLU die Genehmigungsbehörde der Anlage, die seit 2017 beim Verwaltungsgericht Greifswald wegen massiver offenkundiger Fehler bezüglich der Genehmigung zum Bau genau dieser abgebrannten Fabrikanlage (es geht um den Brandschutz/ keine Ironie!), dort angeklagt sich vor Gericht verantworten muss.

So schreibt die LFD auch weiter, die Fabrik sei immer unter Genehmigung etc. gelaufen und man weiß nicht Recht, ob sich die Schreiber hier an dieser Stelle beim Verfassen des Textes nicht immer noch kaputt lachen, denn der offensichtlich Dumme ist das StaLU, dass schlicht überfordert mit der Größenordnung dieser Fabrik war, bzw. Minister Backhaus, der vom Saulus zum Paulus nun im Überschwang ein Ökoprojekt nach dem anderen preisst um seine dreckige Weste wenigstens, wenn schon nicht weis, wieder grau zu bekommen.

Agrarindustrieminister Backhaus bei seinem Auftritt am 30.4. mit maximaler Unschuldsbeteuerung vor den wütenden Anwohnern.

Weiter schreibt die LFD, "das Agrar-Umweltministerium gebe Entwarnung für die Ackerböden rund um die abgebrannten Ställe", was man kaum glauben kann, denn Greenpeace fand wenige Tage nach dem Brand Rückstände giftiger Chemiekalien. Oder aber man kann es glauben, wenn man sich auf das "Agrar-Umweltministerium" verläßt, das erstmal keine Messergebnisse eines Sondereinsatzfahzeuges für Schadstoffmessungen vorliegen hat, da dieses gar nicht erst am Brandtag vom Kreis nach Alt Tellin entsendet und zum Einsatz gebracht worden war, obwohl diese Fahrzeuge vorhanden sind. Begründung: "Das hätte den Brand auch nicht gelöscht." Hinzu kommt hier noch, dass es in MV grundsätzlich ein riesiges Manko ist, dass die Bereiche Agrar und Umwelt nicht getrennt, sondern vereint unter einem Dach von einem Minister behandelt werden. Seit über 22 Jahren kennt man das jetzt hier, wie der Minister (SPD) immer nach vorne für Öko wirbt und hinten rum der Agrarindustrie Tür und Tor öffnet. Eine Abwahl am 26.9. ist zwingend!

Weiter moniert dann das Schweineunternehmen, dass es zur Großdemo am 28.8. "keine Einladung" erhalten habe, bzw. dass auf Dialogbereitschaft seitens des Unternehmens nicht reagiert worden sei. Ich kann mir das nur so erklären, dass das an einem grundsätzlichem Dasein in verschiedenen Welten liegt. Denn von der LFD-Holding sieht man nie jemanden in Alt Tellin, obwohl sie dort "Europas größter Sauenzuchtanlage" betreiben. Es rasen immer nur Fahrzeuge der untersten Mitarbeiter*innen mit osteuropäischen Kennzeichen eiligst zu ihrer Schicht oder aber die Schwerlasttransporter der Gülletanker und Futterlieferanten drängeln sich am hochgesicherten Werkstor. Seit 8 Jahren ist immer Montags Protest in Form einer Mahnwache direkt vor Ort, unzählige Artikel begleiten das seit Jahren (!), nie kam ein Vertreter der LFD und darüber hinaus noch nie jemand der Terra Grundwerte Aktiengesellschaft aus der Schweiz. Vielleicht liegt das daran, dass wenn man mit Tieren zu tun hat, die man landwirtschaftlich behandelt, mehr vor Ort sein muss, als einen Sitz in Sachsen Anhalt zu haben, bzw. auf einer Wiese in CH-6056 Kägiswil zu residieren?

 

Wobei doch! Es gab mal Kontakt, der war im März 2017 im Gerichtssaal, als sich die LFD mit einem massiven Anwaltsaufgebot gegen den Vorwurf gruseligster Vorgänge in ihrer Fabrik wehren wollte und alles auf das StaLU abwälzen konnte und es gab mal einen Kontakt, als Straathof in einer schwarzen Luxuslimusine vom Werksgelände floh, als er gerade ein deutschlandweit geltendes Tierhaltungs- und Betreungsverbot höchstrichterlich ausgesprochen bekommen hatte, was Berufsverbot bedeutete. Also es läßt sich sagen, es ist nicht so, dass der eine vom anderen nicht weiß, nur nun im Nachhinein auf die Tränendrüse wegen einer "Nichteinladung" zu drücken, bei gleichzeitigem Wissen, dass man in Alt Tellin höchst unerwünscht ist, dass man, wie bereits vom Gemeinderat Alt Tellin ausgesprochen übersetzt die Koffer packen und sich vom Acker machen sollte, wie eben bereits der Verbrecher Straathof, ja das ist irgendwie Mimimi und entspricht eben genau der Art und Weise, wie schon seit langem versagende Konzerne oder ertappte Politiker versuchen das Gesicht zu bewahren, obwohl es nichts mehr zu bewahren gibt, ausser vielleicht Geld.

 

Und doch, es gäbe doch noch etwas zu bewahren - das wäre der Anstand.

 

Hier geht's zur "Erklärung" der LFD-Holding/ Terra Grundwerte AG